Veröffentlichungen: Die Geschichte und Nachgeschichte des Außenlagers von Buchenwald in Duderstadt, 2005, 132 S., 8,90 € Lebensgeschichtliche Interviews mit ehe- maligen Häftlingen des KZ-Außenlagers Duderstadt, 2011, 132 S., 12 € Darstellung der von der Geschichtswerk- statt Duderstadt ver- legten Stolpersteine, 2012, 52 S., 3,50 €   Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Duderstadt 1812 bis 1942 und ihre Nachgeschichte, 2012, 184 S., 14 € Vor 200 Jahren, im Herbst 1812, zogen fünf jüdische Familien in die mitteldeutsche Kleinstadt Duderstadt und gründeten hier eine jüdische Gemeinde. In vieler Hinsicht als Fremde wahrgenommen, erschienen sie höchst unwillkommen, mussten aber auf Grund der liberalen Gesetze des Königreichs Westfalen geduldet werden.  Von Trödlern und Lotterie- Einnehmern stiegen die jüdischen Einwohner der Stadt in einer Jahrzehnte währenden Emanzipation zu bürgerlichen Kaufleuten und Bankiers auf. Sie bauten sich als weiterhin kleine religiöse Minderheit in einem christlichen Milieu selbstbewusst eine ansehnliche Synagoge. Im „Dritten Reich“  führten Unterdrückung, Verfolgung, Vertreibung und schließlich die Deportation der letzten jüdischen Einwohner in die Vernichtungslager im Osten zum Untergang der Synagogengemeinde. Dennoch gibt es eine Nachgeschichte: Die Duderstädter Gesellschaft hatte sich nach 1945 in einem schwierigen Prozess auch diesem Teil der städtischen Geschichte zu stellen. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Vom Staatsbürger zum Schutzjuden 1812-1841 2.1 Die Aufnahme jüdischer Bürger in Duderstadt 2.2 Die Verleihung von Schutzbriefen 2.3 Frauen- und Kinderschicksale 2.4 Schule und Synagoge 2.5 Verspottete Minderheit 3 Aufstieg und Blütezeit 1842-1900 3.1 Der Synagogenverband Duderstadt-Ebergötzen-Rüdershausen 3.2 Die Not der Witwe Brandes 3.3 Die Ausweisung des Manuel Mendel alias Mendel Goldstein 3.4 Samuel Levy – der erste jüdische Bürger Duderstadts 3.5 Wirtschaftlicher Erfolg und Verbürgerlichung 3.6 Die Armenkasse 3.7 Vom Begräbnisort Viehweide zum Judenfriedhof 3.8 Die Synagoge 3.9 Die jüdische Schule in Duderstadt 4 Der Niedergang der jüdischen Gemeinde 1901-1932 5.1 Rückgang der jüdischen Geschäftstätigkeit 4.2 Die jüdische Volksschule von 1901 bis 1924 4.3 Wahlen zum Vorstand der Synagogengemeinde bis 1931 5 Verfolgung und Vernichtung 1933-1942 5.1 Kein Schutz im christlichen Milieu Duderstadts  5.2 Die Synagogengemeinde im „Dritten Reich“ 5.3 Boykott jüdischer Geschäfte 1933 5.4 Antisemitische Propaganda 1935 5.5 Repressalien gegen die Firmen Rosenbaum und Loewenthal 5.6 Pogrom am 9./10. November 1938 5.7 Die Deportation 5.8 Die Zerstörung des jüdischen Friedhofs 6 Menschen und Schicksale 6.1 In der NS-Zeit Verfolgte jüdischen Glaubens und nichtjüdische        Angehörige, die im Zeitraum zwischen 1933 und 1942 in Duder-      stadt wohnten 6.2 Aufstellung der Ermordeten unter den in Duderstadt geborenen      Juden, die vor 1933 aus der Stadt weggezogen waren 7 Nachgeschichte 7.1 Überlebende 7.2 Das Synagogengrundstück 7.3 Friedhof und Gedenkstätte 7.4 Das Verdrängen des Erinnerns 7.5 Die Affäre Anreischke 7.6 Gedenktag am 27. Januar 7.7 Stolpersteine 8 Schluss 8.1 Juden in Duderstadt 1812 bis 1942 8.3 Die Vorsteher der Synagogengemeinde 8.3 Antisemitismus in Duderstadt 8.4 Die lange Zeit nicht wahrgenommene Lücke 9 Verzeichnis der benutzten Quellen             Leseproben: 1 Einleitung In Duderstadt gibt es heute keine jüdische Gemeinde, sehr wohl aber hat die Stadt auch eine jüdische Geschichte. Sich daran zu erinnern heißt, die menschliche, wirtschaftliche, kulturelle und religiöse Lücke wahrzunehmen, welche die nationalsozialistischen Verbrechen verschuldet haben, einen Verlust, der allerdings nach Ende des „Dritten Reiches“ jahrzehntelang ignoriert worden ist. Im Herbst 1812, also vor 200 Jahren und nachdem drei Jahrhunderte zuvor die mittelalterliche jüdische Gemeinde zu existieren aufgehört hatte, ließen sich erstmals wieder fünf jüdische Familien in Duderstadt nieder. Sie waren in vieler Hinsicht Fremde und nicht willkommen. Ihr Zuzug konnte nur nicht verhindert werden. 1942 wurden die letzten jüdischen Einwohner Duderstadts an die Gestapo Hildesheim ausgeliefert und in Vernichtungslager im Osten deportiert. Was geschah zeitlich dazwischen? Es liegen bislang Forschungsergebnisse zu Teilbereichen der Vergangenheit der neuzeitlichen jüdischen Gemeinde in Duderstadt vor. In diesem Buch wird versucht, ihre  Geschichte ab 1812 möglichst umfassend darzustellen und am Beispiel Duderstadts ein Abbild des Lebens einer jüdischen Minderheit in einem mitteldeutschen, provinziell-kleinstädtischen Milieu während des 19. und 20. Jahrhunderts zu liefern. Die Kenntnisse über die neuzeitliche jüdische Gemeinde in Duderstadt, die wir noch gewinnen können, sind allerdings auf das beschränkt, was nicht ausgelöscht und vernichtet wurde. Viele denkbare Zeugnisse – private Briefe zum Beispiel, Tagebücher, Zeitungsberichte, Bilder, Gegenstände des täglichen wie des religiösen Lebens – sind nicht oder nur in sehr geringem Umfang überliefert. Selbst die Grabsteine des jüdischen Friedhofs sind verschwunden. Sie waren aus Sandstein hergestellt und fanden vermutlich als geschätztes Baumaterial irgendwo und bis heute unentdeckt Verwendung. Nur die Orte früheren jüdischen Lebens gibt es zum Teil noch, die Häuser, in denen die Familien wohnten, in denen sich ihre Geschäfte befanden und die nun von anderen genutzt werden. Nahezu vollständig ist dagegen das erhalten, was einst amtliches Interesse erweckte und in zahlreiche Akten Eingang fand. Diese Behördenperspektive auf die Juden und ihr Leben in Duderstadt hat überdauert. Sie ist umfangreich und lässt auch einen Blick auf den Antisemitismus unterschiedlicher Ausprägung, dem die kleine jüdische Minderheit in der Stadt ausgesetzt war, zu. Die Sichtweise der Behörden blendete jedoch wesentliche Bereiche des Daseins weithin  aus – die Welt der Kinder, den Alltag der Frauen, die Fragen des Glaubens und des religiösen Lebens, um einige Beispiele zu nennen. Von dieser einseitigen Quellenlage her lassen sich also insbesondere diejenigen Angelegenheiten der jüdischen Gemeinde darstellen, die der staatlichen und städtischen Kontrolle und Aufsicht unterlagen, einschließlich der Konflikte und Probleme innerhalb der Gemeinde, mit welchen die Behörden befasst waren. Wo daneben so viel verschwunden ist, wird das archivarisch Bewahrte zum umso größeren Schatz, der die jüdische Geschichte Duderstadts in den Grenzen seiner Aussagekraft erhellt. Es handelt sich um eine Vergangenheit, die in Teilen noch Zeitgeschichte ist. Immer noch leben Menschen, die Zeitzeugen der letzten Jahre der jüdischen Gemeinde in Duderstadt sind. Und es ist eine Geschichte, die Bedeutung für unsere Gegenwart besitzt und für die Zukunft behalten wird. Alle Bücher können im Buchhandel bestellt werden.  Stolpersteine in Duderstadt Stolpersteine sind ein Projekt von Gunter Demnig. Es sind Messingtafeln, in die mit Hammer und Schlagbuchstaben die Worte HIER WOHNTE und Schicksalsdaten von Opfern des Nationalsozialismus eingestanzt werden - also von Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, aus politschen Gründen Verfolgte, Homosexuelle und Euthanasieopfer. Die Stolpersteine werden vor deren letztem selbst gewählten Wohnort plan in den Bürgersteig eingelassen und sind geeignet, zur Erinnerung und zum Innehalten zu veranlassen. Die Geschichtswerkstatt Duderstadt hat 2007 und 2008 insgesamt 26 Stolpersteine durch Gunter Demnig in Duderstadt verlegen lassen und dazu ein kleines Buch herausgegeben mit folgendem Inhalt: - Obertorstraße 59 / Familie Israel - Rosenbusch    - Bei der Oberkirche 2 / Kaplan Heinrich Kötter    - Marktstraße 40 / Familie Gustav und Johanna Löwenthal    - Marktstraße 37 / Familie Rosenbaum    - Marktstraße 9 / Familie Max und Lina Löwenthal    - Bahnhofstraße 35 / Ehepaar Stein    - Nicht verlegte Stolpersteine / Hinterstraße 81 / Familie Ballin  -     Nicht verlegte Stolpersteine / Christian-Blank-Str. 23 / Familie         Cohn  -     Ansprache von Dr. Czauderna bei der Verlegung am 31.5.2007:        „Stolpersteine“ – Widerstand durch  Ästhetisierung  -     Ansprache von Dr. Czauderna bei der Verlegung am 27.11.2008:        „Stolpersteine“ – Unterbrechung der Tagesordnung  -     Geschichte der Stolpersteinverlegung in Duderstadt    -     Quellen und Literatur     Götz Hütt (Hrsg.): “Jede Minute, die wir noch leben, ist von Nutzen” Lebensgeschichtliche Interviews mit ehemaligen Häftlingen des KZ-Außenlagers Duderstadt Sechs Frauen, die während des Zweiten Weltkrieges in der Duderstädter Munitions- fabrik Polte Zwangsarbeit leisten mussten, erzählen aus der Perspektive des Alters die bewegenden Geschichten ihres Lebens. So unterschiedlich ihr Schicksal insge- samt war, dreierlei verbindet sie: ihre Herkunft aus ungarisch-jüdischen Familien, ihr gemeinsamer Weg 1944/45 durch mehrere deutsche Konzentrationslager – Auschwitz, Bergen-Belsen, das Außenlager des KZ-Buchenwald in Duderstadt und, mit einer Ausnahme, Theresienstadt – sowie schließlich die Unauslöschlich- keit ihrer Erinnerung an die Zeit der Gefangenschaft. Dennoch ergibt sich daraus auch für die Monate in der Gewalt der SS nicht die mehrfache Wiederholung ein und desselben. Das ist bedingt durch unterschiedliche Lebenseinstellungen. Auch haben die sechs Frauen in denselben KZ-Lagern neben Gleichem ebenso Unterschiedliches erlebt. So fügen sich sechs Variationen eines Themas zu einem facettenreichen, dichten Gesamtbild. Außerdem sind als literarisches Dokument Aufzeichnungen der damals siebzehnjährigen Marta Schweitzer vom April 1945 über den letzten Abschnitt ihrer Gefangenschaft beigefügt, ferner Dokumente und ergänzende Auszüge aus Berichten weiterer ehemaliger Häftlinge des KZ- Lagers Duderstadt.Die Neuerscheinung bietet somit die Gelegenheit zu einer literarischen Begegnung mit Opfern der NS-Zeit in Duderstadt, die in den Nachkriegsjahrzehnten hier in einem Akt der Verdrängung vergessen wurden und denen erst spät ein Denkmal gesetzt wurde. Leseproben: „Auf einmal kam ein Junge, er stellte sich auf die Bühne. Er kam aus Budapest und erklärte, dass die Deutschen die Stadt besetzt hatten. Die Musik blieb still, der Tanz ging zu Ende, die Gesellschaft verlief  sich.“                                            Katalin Rutkai „Einmal hat sich ein Vogel zwischen die Stühle verirrt und ist dort herumgeflattert. Ein SS-Soldat fing den Vogel und schlug ihn zu Boden. Es war für eine jede von uns ein entsetzliches Gefühl, dass auch wir so in ihren Händen sind und sie mit uns auch das machen, was sie wollen.“                                                                             Ibolya Frisch „Als wir in Auschwitz waren, haben wir nicht mehr an Gott geglaubt. Wir haben vergeblich gefragt, wo er sei. Wir konnten danach unsere Religion nicht mehr so ausüben, wie wir darin erzogen worden waren.“                                    Emma Farkas „Als erstes habe ich den ganzen Tag gekocht. Das war für mich sehr wichtig. Und dann habe ich Kleider nähen lassen, aus Tischtüchern, aus Bettsachen, denn sonst war nichts da nach dem Krieg. Schuhe habe ich beim Schuster machen lassen. So lebte ich mit meinem Bruder zu zweit.“                                                      Judit Nyitrai „Das ist, was die Nazis mir 1944 verpasst haben. Dazu bin ich nicht geboren. Ich fühle mich überhaupt nicht mit diesen zehn  Monaten identisch.“        Marta Schweitzer „Jetzt im Alter kehrt das wieder zurück. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht daran denke.“                                                                                                         Katalin Forgács Götz Hütt: Das Außenkommando des KZ Buchenwald in Duderstadt. Ungarische Jüdinnen im Rüstungsbetrieb Polte. Auschwitz, Bergen-Belsen, Duderstadt und Theresienstadt waren im letzten Jahr des Zweiten Weltkrieges nacheinander die gemeinsamen Aufenthaltsorte von mehr als750 Frauen aus Ungarn, die nach Duderstadt deportiert wurden. 1944 als Jüdinnen nach Auschwitz verschleppt, dort als Arbeitkräfte selektiert, über Bergen-Belsen nach Duderstadt transportiert, mussten sie von November 1944 bis April 1945 in der Munitionsfabrik Polte Zwangsarbeit leisten - in einem Außenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald. Im April 1945 wurden sie in dreiwöchiger Fahrt nach Theresienstadt evakuiert, wo sowjetische Soldaten sie befreiten.Das Buch schildert das Schicksal dieser Frauen. Es stellt das KZ-Außenlager unmittelbar vor den Toren der mitteldeutschen Kleinstadt Duderstadt dar. Und es thematisiert auch,wie dieses KZ nach 1945 für Jahr- zehnte beschwiegen und vergessen wurde und welche Widerstände es gegen das Erinnern gab.